8.  Rolle von Wasser bei der Stadtplanung

8.1          Hintergrund

Eine Auswirkung des Klimawandels sind immer mehr Hitzetage mit Temperaturen über 30 °C. Beschränkte sich die Anzahl der Tage mit Lufttemperaturen über 30 Grad in Frankfurt am Main 1988 noch auf fünf Tage im Jahr so belief sich die Zahl 2018 bereits auf 40 Hitzetage pro Jahr, wie das „Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie“ mitteilt.
Eine Folge: Die Innenstädte heizen sich auf und kühlen nachts nur langsam wieder ab. Insbesondere dort, wo unbeschattete Oberflächen aus Stein, Beton, Asphalt, Glas und Metall das Stadtbild dominieren, heizt sich die Stadt stark auf. Die Materialien speichern die Wärme lang und versiegeln zudem die Flächen, sodass kein Wasser verdunsten und die Innenstädte kühlen kann.

Wer will unter diesen Bedingungen in der Oberurseler Innenstadt einkaufen gehen, in der Stadt verweilen, einen Kaffee trinken oder ein Eis schlecken?

8.2          Ziele

Oberstes Ziel der Stadtplanung sollte es sein, Innenstädte attraktiver zu machen und die Verweilqualität zu steigern. Die Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung im Jahr 2022 zur Gestaltung der „Zukunft Innenstadt“ sind eindeutig: Die Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch mehr „Grün“ und mehr „Blau“ zog sich durch alle Diskussionsrunden und mündete in den Empfehlungen die Innenstadtplätze zu begrünen, den Urselbach erlebbar zu machen sowie Wasser durch Wasserspiele, Brunnen etc. zu verdunsten und so die Plätze zu kühlen.

Nur verdunstendes Wasser kühlt, egal ob die Verdunstung durch die Blätter der Pflanzen und Bäume erfolgt oder ob das Wasser direkt verdunstet. 
Jeder weiß, wie kühl sich die Haut selbst bei starkem Sonnenschein anfühlt, wenn man nass aus dem Schwimmbecken kommt, schwitzt oder sich Wasser zur Kühlung auf die Haut zerstäubt.

8.3          Aber ist Wasser im Sommer nicht knapp?

Brunnen und Wasserspiele kühlen allerdings nicht, wenn sie wie in Oberursel im Sommer 2022 wegen Trinkwasserknappheit abgestellt werden. Und auch städtisches Grün kann Wasser nur dann verdunsten, wenn es gegossen wird.
Ein unlösbares Dilemma? Mitnichten. Es muss nicht immer hochwertiges Trinkwasser sein.
Im Gegenteil, hochwertiges membranfiltriertes oder mit Aktivkohle gereinigtes Trinkwasser aus dem Haidtränktal oder den Riedwiesen ist zum Bewässern zu schade. Auch das zugekaufte Trinkwasser, welches überwiegend aus dem Hessischen Ried und dem Vogelsberg stammt und über weite Strecken gepumpt und im Falle des Riedwassers energieintensiv aufbereitet wird, sollte für die Zwecke genutzt werden, wo Trinkwasserqualität wirklich notwendig ist.

Zum Bäume gießen eignet sich

  • gesammeltes Regenwasser (siehe z.B. Teilprojekte 2., 3., 4.),
  • oberflächennahes Grundwasser oder auch
  •  gereinigtes Abwasser nach Desinfektion und ggf. weiterer Aufbereitung. 

8.4.       Potentielle Maßnahmen

a) Plätze umgestalten
Im Rahmen des in 2022 gestarteten Projektes „Zukunft Innenstadt“ wurden 11 Plätze/Straßen identifiziert, deren Aufenthaltsqualität verbessert werden sollte.

  • Vorstadt
  • Epinayplatz
  • Chopinplatz
  • Berlebachplatz (hinter der Stadthalle am Urselbach)
  • Bleiche
  • St. Barbara Brunnen
  • Ackergase
  • Apfelweinbrunnen
  • Untere Hainstrasse
  • Neutorallee
  • Marktplatz
  • Vorstadt

„Schatten, Begrünung, Bänke, Wasser, Brunnen, Wasserspiele, Urselbach erlebbar machen“ standen bei vielen Diskussionen im Vordergrund. Nicht alle Optionen können an allen Plätzen umgesetzt werden und natürlich gilt es die multifunktionale Nutzung z.B. auch als Markt- oder Festplatz zu beachten.

Favoriten der Diskussionen waren die Umgestaltung des

  1. Berlebachplatzes („Oase am Urselbach“) Begrünung, Entsiegelung und ggf. mit Zugang zum Urselbach, der auch im trockenen Sommer 2022 immer Wasser führte (wie die nachstehende Bilddokumentation zeigt) und des
  2. Epinayplatzes (Begrünung, Beschattung, Wasserspiele für Kinder, …)

Seit dem 2. Halbjahr 2022 wird auch immer wieder der St. Barbarabrunnen ins Gespräch gebracht. Ob die Idee einer Offenlegung des Baches dort realisiert werden kann, hängt jedoch davon ab, wo das sichtbar fließende Wasser herkommt und welche Qualität es aufweist. Lt. BSO Unterlagen verlaufen dort nur Mischabwasserkanäle.

b) Erholung an offenen Gewässern

• Wasserspielplätze
• Bänke
• Kneippanlage
• …

Bereits heute kann beobachtet werden, dass die Oberurseler Bürgerinnen und Bürger an den heißen Sommertagen die schattigen Plätze an den Oberurseler Bächen, aber auch die Brunnen zur Abkühlung suchen. Insbesondere die Kindern sind es, oft mit ihren Müttern oder Vätern, die am Werkgraben zwischen BSO-Messstelle und TIZ, am Kupferhammerweg, hinter der Marxstraße, im Maasgrund, am Pontobrunnen, am Gedenkstein am Rathaus, im Rushmoorpark, an der Brennersmühle aber auch im weiteren Verlauf des Urselbaches und des Stierstädter Baches bis nach Weißkirchen nach Abkühlung und Erholung suchen. In den meisten Fällen muss und sollte auch nicht viel verändert werden. Oft würde bereits eine Bank, ein Schöpfrad, eine Haltestange zum Durchwaten des Baches oder eine Treppenstufe ausreichen, um die Aufenthaltsqualität deutlich zu steigern.

Weitere Ideen finden sich im Teilprojekt 13 „Orschel geht baden“ Naturbadesee als temporärer Wasserspeicher, Wasserspielplätze, Kneippbecken und mehr.

c) Überflutungszonen einrichten

Bei allen städtebaulichen Maßnahmen ist auch der Hochwasserschutz zu berücksichtigen.

Häufigere Starkregen sind die Kehrseite der Medaille von klimawandelinduzierten langen Trockenheiten.
Die im Jahr 2022 für Oberursel erstellten Starkregengefahrenkarten sowie die vom Regierungspräsidium Darmstadt festgesetzten Überschwemmungsgebiete des Urselbachs zeigen auf, dass vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahmen ein wesentlicher Bestandteil der Stadtplanung sein müssen. Dazu gehören u.a.:

  • Die Entsiegelung auch in der Innenstadt
  • Die Begrenzung der Versiegelung bei allen Neubaumaßnahmen
  • Ein gezieltes Regenwassermanagement (Rückhalt, Versickerung, Nutzung, …)
  • Das „Anbieten“ von Fließwegen für Flutwasser, dort wo die Schäden gering gehalten werden können
  • Schaffen von temporären Retentions-/Überflutungsflächen

Mehr zu diesem Thema findet sich auch in Teilprojekt „7. Starkregenrückhalt und Überschwemmungsflächen“

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